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“Kasachstan kennt man in Europa kaum, obschon wir sehr viel für seinen Ruhm und guten Ruf tun,” beschwerte sich der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew, nachdem der britische Film “Borat” auf die westeuropäischen Leinwände gekommen war.
In der Tat stellt man sich unter dem Begriff Kasachstan bis heute oft nur Steppe, Nomaden und Analphabetentum vor. Dabei ist Kasachstan die führende Wirtschaftsmacht in Mittelasien und plant, im nächsten Jahrzehnt unter die 50 konkurrenzfähigsten Länder der Welt aufzurücken.
Das erste Hauspferd war kasachisch
Trotzdem ist Kasachstan bis heute noch stark von seiner Geschichte geprägt. Tatsächlich sind 97 Prozent des gewaltigen Territoriums Steppen. Nur 3% des Landes sind bewaldet. Seit Urzeiten herrschten hier Nomadenvölker.
Es ist also kein Wunder, dass gerade in der kasachischen Steppe zum ertsen Mal auf der Welt das Pferd domestiziert wurde. Davon berichten jedenfalls kasachische Historiker.
Die Heere und Völkerscharen der Skythen zogen hier vorbei. Die Bewohner der kasachischen Steppen schlossen sich zu verschiedenen Perioden den Khanaten der Chasaren oder der Mongolen an, waren von Tschingis-Khan und seinen Söhnen unterworfen und hatten gegen chinesische Eroberungsversuche zu kämpfen.
Trotz des lange vorherrschenden Nomadentums hatte Kasachstan viele altertümliche Städte, vor allem in seinem südlichen Teil. Seit dem dritten Jh. v. Chr. verlief hier die Große Seidenstraße, und die in ihrer Nähe liegenden Siedlungen wurden schnell zu Handels- und Kulturzentren auf dem langen Weg zwischen China, dem Nahen Osten und Europa.
Zur Erinnerung an dieses Goldene Zeitalter wird derzeit in Almaty (früher und in der Literatur immer Alma Ata genannt), der südlich gelegenen ehemaligen Hauptstadt Kasachstans, eine Metrostation namens “Schibek Scholy” erbaut – so klingt der Name der Seidenstraße auf Kasachisch.
Erdölexport ist der wichtigste Entwicklungsfaktor
Auch in der Gegenwart spielt Kasachstan wirtschaftlich die Rolle eines Transitzentrums im relativ depressiven mittelasiatischen Raum. Die wichtigste Wirtschaftsachse, die Seidenstraße von heute, ist die Pipeline des Kaspischen Pipeline-Konsortiums. Das Land hat reiche Erdölvorräte besonders im Bereich des Kaspischen Meeres.
Die Regierung in der neuen, modernen Hauptstadt Astana, die aus Ölexporten in sicherer Entfernung von den seismologisch empfindlichen Zonen an der chinesischen Grenze völlig neu aufgebaut wurde, füllt ihren Staatshaushalt in erster Linie durch Export des “schwarzen Goldes” über Russland nach Westeuropa.
Die Frage ist nur, auf welchem Wege der Export laufen soll. Moskau bietet Astana Nutzung des russischen Pipelinenetzes und Beteiligung an der neuen (russisch-griechisch-bulgarischen) Pipeline Burgas-Alexandropulos an.
Westeuropa favorisiert die (aserbeidschanisch - georgisch - türkische) Leitung Baku-Tiflis-Ceyhan, die alleine durch aserbeidschanische Lieferungen nicht ausreichend ausgelastet wäre. Im ersten Fall würden die kasachischen Ölexporte zunächst nördlich des Kaspischen Meeres über russisches Gebiet zu russischen Schwarzmeerhäfen gehen, im zweiten Fall würde Russland umgangen werden.
Soziale Widersprüche noch scharf Der von der Natur gegebene Reichtum Kasachstans kommt bisher allerdings noch lange nicht der ganzen Gesellschaft zu gute. Soziale Differenzen und Spannungen bleiben stark. Bis zu 46% der Bevölkerung auf dem Land leben unter der Armutsgrenze. In Almaty (Alma Ata) oder der neuen Hauptstadt Astana liegt der Anteil der Armen offiziell bei 2,5%.
Ein greller Kontrast zur Armut in den weiten Steppen des Landes ist die hochmoderne Wolkenkratzer-Skyline, die seit einigen Jahren in Astana aus dem Boden wächst.
Russlanddeutsche, Wolgadeutsche, Krimtataren und Tschetschenen
Auch ethnisch ist die Situation kompliziert. Während der stalinschen Repressionen wurden Ukrainer, Wolgadeutsche, Krim-Tataren, Tschetschenen und Inguschen hierher deportiert. Deutsche und Tschetschenen wurden in die Bergwerke von Karaganda gesteckt. Zahlreiche Dörfer und Kolchosen von „Russlanddeutschen“ in den Steppen zeichneten sich durch vorbildliche Wirtschaft und Ordnung aus.
Der Anteil der Kasachen an der Gesamtbevölkerung betrug in den 50er Jahren kaum ein Drittel. Mit dem chruschtschowschen Tauwetter wurden die deportierten Völker rehabilitiert. Tschetschenen und Inguschen kehrten in den sechziger Jahren in den Nordkaukasus zurück.
Mit Beginn der Perestroika Gorbatschows wanderten die Russlanddeutschen aus. Die meisten von ihnen kehrten nach Deutschland zurück, dass ihre Vorfahren auf Einladung von Zarin Katharina der Großen im 18. Jahrhundert verlassen hatten. Die Krimtataren machten sich in den 90iger Jahren auf den Heimweg.
Parallel zur Rückwanderung der deportierten Völker gerieten besonders seit dem Zerfall der Sowjetunion und derder Unabhängigkeitserklärung Kasachstans im Jahre 1991 auch russische Bürger Kasachstans unter Druck. Russische Funktionäre und Fachleute wurden von Kasachen verdrängt, auch wenn in manchen Fällen die fachliche Qualifikation der neuen kasachischen Kader schlechter war.
Nursultan Nasarbajew Erster Präsident – auf Lebenszeit?
Der heute 68-jährige Präsident Kasachstans, Nursultan Nasarbajew war schon vor 1991 als Republikssekretär der Kommunistischen Partei (KPdSU Kasachstans) der mächtigste Mann in Kasachstan. Seit der Unabhängigkeitserklärung 1991 regiert er das Land fast unangefochten mit einer Mischung aus Pragmatismus und visionären Ideen. Sein bisher größtes Werk ist sicher die Verlegung der Hauptstadt von Almaty (Alma Ata) nach Astana und der gigantische Neuaufbau seiner neuen Machtzentrale. Unübersehbar ist auch der Wirtschaftsaufschwung der letzten Jahre im Gefolge des Erdölbooms.
Nasarbajew verfolgt dabei einen Kurs der guten Nachbarschaft und Integration mit Russland. Er ist einer der wenigen GUS-Staatschefs, der die GUS weiterentwickeln will. Trotz einiger Spannungen mit den anderen mittelasiatischen Republiken ist Kasachstan sicher die Führungsmacht in Mittelasien. Seit Jahren versucht Nasarbajew auch, eine engere Verflechtung der beiden Republiken Kasachstan und Kirgisien zu erreichen. Aufmerksamkeit erregte die Heirat seiner Tochter mit dem Sohn des (inzwischen gestürzten) kirgisischen Präsidenten Akajew. Seit dem Abtritt Akajews wird in aller Stille in diese Richtung weiter gearbeitet.
Freundschaftlich-nachbarschaftlich – aber doch gespannt – bleiben die Beziehungen zu dem riesigen Nachbarn hinter den Bergen – zu China.
Anja Kurizina/ak/gim/.rufo; erstellt 30.5.2008
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